Hacken, cracken, werden

Jede neue Information, jede neue Erfahrung wird nur langsam bekannt. Im Prinzip ist man outside von Outside, also draußen von Außerhalb. Ist man überhaupt jemals Outsider? Oder underground, subversive, subculture?

Hacker haben die Fähigkeit zur Innovation auf dem Gebiet der Abstraktion. Auf einmal völlig eingenommen, endlos begeisterungsfähig sein. Mit beiden Beinen in Informationen stecken. Nach McKenzie Wark sind dies noch gar keine Informationen, es sind Rohdaten [wark2004hm], aus denen ich mir jetzt diesen Artikel hier erhacke. Er ist ein Kryptomarxist - es ist Linux.

Stören, unterbrechen, einnehmen. Das sind Strategien der Hacker und Cracker, das sind vielleicht Strategien im Kontext Kunst.

Wie Kevin Mitnick [mitnick] gefangen genommen werden - aber ohne Gefängnis, ohne Staatsgewalt. Ein Hacker sein mit den Gesprächen, den Gedanken. So ticken wie ein Hacker – gleichzeitig kein Hacker sein. Die Realität im Auge behalten. Sich jetzt treffen und austauschen. Aktiv und überall sein, gleichzeitig ein ganzes Jahr wart en bis etwas passiert. Sich als Security Consultant bewerben und anstellen lassen. Legal Systeme überprüfen und die Sicherheit checken.

Die Dinge der Welt abstrahieren, um sie auf einer anderen Ebene miteinander in Beziehung setzen zu können. Also die Übersetzung der Welt. Beziehungen zueinander in Beziehung setzen. Solange abstrahieren - also hacken - bis ich das System vor mir habe, in dem alles Sinn macht. Die Collage, die den Datenmüll anordnet. Der Drucker, der alles valide macht, was er mehrfach ausgibt - ausfließt - overflowed. Das Sieb, das von Farbe verstopft wird, zugemüllt wird, bis nichts mehr druckbar ist.

Die Definition der Rolle einer Person in der Welt, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Individuen, die sich alle unterscheiden. Hacker sein heißt nicht dazugehören zu denen, die Information und Wissen als ihr Eigentum betrachten, es kaufen und verkaufen.

Für den neuen HD–ready TFT–Bildschirm in den nächsten Discounter laufen und ihn einfach kaufen. Satellitenschüsseln an jedem Balkon auf einem Foto in einer Ausgabe der Zeit. Das Gerät ist überholt, die Technik es zu hacken überschrieben. Merkt man eigentlich, wenn die Technik einen hinter sich lässt?

Johnny Long [long] als US–amerikanischer White Hat Hacker mit religiösem Hintergrund. Die voreilige Schlussfolgerung lautet, dass Hacker auch Mainstream sein können, denn er will die kurzweilige Publicity ernten, mit der er nicht umgehen kann. Ein schlechtes Buch schreiben. Johnny erkennt sich selbst als Hacker, genau wie die Öffentlichkeit auch.

„Workers of the world unite!“ gegen „Workings of the world untie!“ – Hagbard Celine gegen die Welt, die Vektorialisten, diejenigen, die Information an sich binden und künstlich verknappen. Karl Koch, ein niedersächsischer Hacker, involviert in den KGB–Hack.

Will ich mich mit ihm identifizieren? Ist das peinlich? Identifikation mit seinem Passbildern, mit den Fotos aus der Presse oder aus einer Zeitschrift, die Freunde posthum veröffentlichten. Identifikation mit seinen Texten, seinen Ansichten, mit der Zeit, in der er gelebt hat. Die jugendliche Faszination für einen jugendlichen Film [schmid199823] als Beweggrund angeben.

wark2004hm
Wark, McKenzie: Hacker Manifest. C.H. Beck, 2004.
mitnick
Kevin Mitnick, freekevin.com und kevinmitnick.com
long
Johnny Long, johnny.ihackstuff.com
koch
Karl Koch/Hagbard Celine, hagbard-celine.de
schmid199823
„23 – nichts ist so wie es scheint“, 1998, Regie: Hans-Christian Schmid

Zum Text

Dieser neu überarbeitete Text ist ursprünglich als Artikel in der ersten Ausgabe des Magazins When I was 23 I decided to dedicate my life to art, 2007, Aura Ltd. erschienen.